Häschen feiern nicht nur Ostern

Funny-Bunny31 Ich wünsche euch allen einen schönen 2. Adventssonntag. Hoffentlich hat der Nikolaus gestern was tolles für euch in den Stiefel gelegt 🙂 Ich weiß nicht so ganz, wie ich das jetzt am besten sage. Solche Artikel wie gestern fühlen sich einfach nicht mehr richtig an. Da mache ich euch und mir etwas vor. Und das will ich nicht. Ich hasse jammern, aber man muss auch nicht alles abstreiten. Ich bin jetzt nicht irgendwie in die Selbstmitleidsdepression verfallen, aber langsam ist die Chemo nicht mehr so witzig. Die Kräfte sind total aufgebraucht. Ich nehme immer schneller ab, bin nur noch erschöpft und fühle mich wie mit dem Strohhalm ausgesaugt. Da gibts nur eins: durchhalten durchhalten durchhalten. Unbedingt und um jeden Preis wird diese Chemo durchgezogen! Ich glaub, inzwischen sieht man es auch. Bei der letzten Visite meinte die Chefärztin „Frau G. wir sind an die Grenze des Machbaren gegangen. Es wird Zeit, dass die Therapie beendet ist.“ Und das, obwohl ich mich nie beschwere, es würde mir nicht gut gehen. Schließlich sind manche Sachen bei Chemo einfach normal. Da ist man nicht fit und da hat man eben Schmerzen. 150 Tage Chemo gehen halt nicht spurlos an einem vorüber. Ja und? Das wird schon wieder weggehen. Noch 2,5 Wochen bis zur aller letzten Chemo. Dass es bald wirklich vorbei ist lässt mich gerade ganz viel ertragen. Nicht mehr lange, dann habe ich es geschafft 🙂 Der unglaubliche Wille, diese Chemo durchzuziehen, ist gerade mein bester Freund. Hier ist mal ein Link zu meiner Exotenchemo, den ich immer und immer wieder lese. Es ist schon etwas medizinisch, aber das ist ja egal. Die Message ist ganz klar: es lohnt sich 🙂 http://www.klinikumfrankfurt.de/fileadmin/mediapool/pdf/News_AErzte/2011-05-04_GYN_Moebus.pdf Ich zitiere mal meinen Lieblingsabschnitt aus dem Artikel: „Für Hochrisikokollektive mit 4 und mehr befallenen Lymphknoten wurde damals ein 5-Jahresüberleben zwischen 40 und 45 % beschrieben, die aktuelle Publikation der ETC-Studie berichtet ein 5-Jahresüberleben von 82 %. Auch Frauen mit weit fortgeschrittener, ehemals prognostisch sehr ungünstiger Erkrankung, haben heute sehr gute Heilungschancen.“ Also, für Patientinnen wie mich hat sich die Chance VERDOPPELT durch die Chemo. Was will ich denn eigentlich mehr? 🙂 So, genug Chemotalk. Ich hab euch neulich von der OP erzählt. Es war nicht möglich, mich brusterhaltend zu operieren. Ich hatte 2 Karzinome in der Brust, das größte über 6 Zentimeter. Außerdem 2 Zysten und DCIS mit einer Ausdehnung von 7 auf 8 auf 4,5 cm. Also die komplette Brust bestand nur noch aus Abfall. Außerdem reichte das DCIS direkt bis an Brustwarze und Haut. Ich hab genau gemerkt, dass es dem Chefarzt wirklich schwer viel, mir das beizubringen. Aber eigentlich hab ich das gewusst. Ich kann logisch genug denken um zu wissen, dass wenn ein B-Körpchen bis auf 2 Zentimeter links total voll ist mit irgendwelchem Mist, man da nicht brusterhalten Operieren kann. Was hab ich denn noch von 2 Zentimetern? Wie sieht denn das dann bitte aus? Und die Haut musste ja eh ab. „Wir werden die Brust leider nicht erhalten können.“ -„Bitte, schneiden sie einfach weg, was geht.“ Mit der Antwort hatte er wirklich nicht gerechnet. Aber mal ehrlich: wenn einen etwas so krank macht, dann ist keine Zeit mehr für halbe Sachen. Also, zurück zum Abend nach der OP. Als es dann ernst wurde, war ich Zwiegespalten: Direkt vor der OP war ich einerseits froh, dass das Ding weg kommt, aber als dann morgens die Ärztin die Schnitte anzeichnete hatte ich auch Angst, total entstellt den OP zu verlassen. Als ich dann da so lag, mit meinen 3 Schläuchen und der Lasche rechts und links war erst mal nicht so viel mit bewegen und mit sich selbst anschauen. Ich hatte echt Angst, mich das erste mal im Spiegel zu sehen. An dem Abend war ich so voller Schmerzmittel 😀 Da war mir irgendwie alles egal. „Die Wächterlymphknoten waren befallen. Jetzt müssen wir abwarten, wie die in der Achsel aussahen.“ Klar, für die Prognose nicht gerade günstig aber ich schwebte 50 Zentimeter über dem Krankenhausbett. Als ich gesehen habe, dass ich nicht nur ein Schläuchen auf der rechten Seite hatte beim Aufwachen war mir eh klar, dass die Achsellymphknoten offensichtlich rausgeflogen sind. Vielleicht sollte ich das jetzt mal erklären: bei Brustkrebs sind oft die Lymphknoten bereits befallen. Die Wächterlymphknoten sitzen in der Brust. Dann gibt es das 2. Level, die Sitzen zwischen Brust und Achsel und das 3. Level. Das sind die direkt in der Achsel die manchmal weh tun wenn wir eine schlimme Grippe haben oder so. Wie viele Lymphknoten das jeweils sind, ist von Mensch zu Mensch anders. Die Wächterlymphknoten werden entfernt und dann im „Schnellschnitt“ untersucht, während der Patient noch in der Narkose liegt. Wenn die dann befallen sind, dann wird das 2. Level auch entfernt. Früher kamen alle 3 Level raus, da bekamen die Frauen aber dicke, geschwollene Arme. Wie gesagt, da hab ich noch nichts angeschaut. Die Schwester hat dann nochmal irgendein Schmerzmittel angehängt und ich war ruckzuck im Land der Träume. Am anderen Morgen war ich dann einigermaßen wieder wach. Erstmal hab ich ganz langsam mich an die Sache rangetatstet (im wörtlichen Sinne). Jap, da war nichts mehr. Irgendwann bin ich dann zum Spiegel gewankt, bepackt mit meinen Blutfläschchen. Das sah so doof aus mit den Schläuchen die überall aus mir rausgeguckt haben 😀 Einmal hab ich ein Fläschchen vergessen mit zu nehmen. Die haben einen Haken, an dem man sie aufhängen kann und ich hab die immer an den Nachttisch gehängt. Ich bin aufgestanden, 1 Meter gelaufen und zack, die Leine hat angeschlagen. Wuff. Aber keine Angst, so schnell kann man die nicht rausziehen 🙂 Die sind an den Rippen festgenäht und 10 cm tief drinnen. Da passiert so schnell nichts. Das hat nur mal wieder die Pumpe richtig schön zu arbeiten gebracht. Ich hab so ne schicke Jutetasche mit ins Krankenhaus genommen. Da hab ich dann immer alles reingepackt und ich war einigermaßen Mobil. Es gibt schon komische Menschen. Ich stand mal im Aufzug, weil ich 5 Minuten an die frische Luft wollte. Da stand dann ne Frau, schaut mich an und sagt ganz laut zu der neben ihr: „So würde ich nicht rumlaufen wollen, mit so ner dummen Tasche.“ Ich hab echt gedacht „Will die mich eigentlich verarschen?“ Dann hab ich sie angeschaut und Leute, es war so widerlich. Sie trug einen Bademantel und zwischen dem Bademantel baumelte der halb gefüllte Blasenkatheter freischwingend zwischen ihren Beinen rum. 😀 Wie das Ding da gehalten hat, will ich gar nicht wissen… Ist ja nicht schlimm wenn man den Katheter hat, den hatte ich auch. Aber das fand ich irgendwie zu krass, selber so rumzulaufen und dann Sprüche zu klopfen. „Maxi, du ärgerst dich die nächsten Tage wenn du jetzt nichts sagst.“ „Entschuldigen Sie, aber den Katheter so rumbaumeln zu lassen ist auch nicht jedermanns Sache.“ Sie hat mich total entsetzt angeschaut. Dann dreht sich ne andere Frau zu mir um, nickt und sagt: „Da haben Sie aber allerdings recht.“ Kann sie ihre Blutfläschchen mal in der Guccitasche rumtragen wenn sie sich dann besser fühlt. Die kann man nämlich nicht einfach an sich runterhängen lassen… naja, was solls. Ich bin total vom Thema abgeschweift…. der Artikel wird viel zu lang. Sorry, dass ich eure Konzentrationsspanne heut so überreize. Jedenfalls stand ich da dann so vor dem Spiegel mit meinem Infusionsständer und dem Flügelkleidchen, hab den Vorhang für „Privatsphäre“ zugezogen und dachte „Mensch, irgendwann musst du schauen und rauszögern machts nicht einfacher.“ ….. Was soll ich sagen: es war einfach voll ok. Nicht eklig, nicht entstellt, nicht abartig. Einfach ganz flach. Wie ein Kind. Durch die Schläuche war ja auch nichts geschwollen oder blau. Auch heute noch: ich kann mich jeden Tag anschauen und ich fühl mich kein einziges Stück weniger weiblich. Kein bisschen! 1. ist das ganze ja nur auf Zeit und 2. hat die Ärztin das so wunderschön operiert. Es gibt schon Bilder von Frauen, da denke ich manchmal, dass das nicht so super gemacht wurde. Selbst nach der 2. OP, als noch mehr vom Brustmuskel weg kam und es jetzt doch etwas nach innen gewölbt ist, ist es immer noch nicht schlimm. Soooo oft bin ich unendlich froh, in Deutschland zu leben. In den USA wird da teilweise noch echt anders operiert…. Die Narbe ist ein ganz regelmäßiger Halbkreis. Ich trauere der Brust wirklich nicht nach. Dieses Fremdkörpergefühl war so ausgeprägt, dass ich einfach nur noch froh bin, dass man das wegschneiden konnte. Und ich definiere mich einfach nicht nur über meine Brüste. Die Brustprothese ziehe ich fast nie an. Jetzt im Winter kommt einfach ein Schal drüber und gut ists. Außerdem sind die BH’s vom Sanitätshaus für die Prothesen so abnormal hässlich. Da weigere ich mich, sowas anzuziehen. Ich habe überhaupt keinen Bock, meine Wäsche zwischen Rollatoren und Erwachsenenwindeln zu kaufen. Wie demütigend ist bitte das? Und die Modelle sind so unglaublich altmodisch. Klar, gibt es wenige junge Frauen mit Brustkrebs. Aber es gibt sie und das, was da an Wäsche geboten wird, ist ein schlechter Witz. Ich hab immer noch Lust daran, mich schön anzuziehen, zu schminken und auch daran, schöne Wäsche zu kaufen. Das hört doch nicht auf? Hier habe ich jetzt endlich eine Alternative: die erste Boutique für Frauen mit Brustprothesen in BaWü hat im November aufgemacht. Da gibt es schöne BH’s und Bademode. Im Januar kriege ich wieder ein Rezept für 2 neue Modelle und den Badeanzug/Bikini hab ich noch nicht geholt. Ich hab da Morgen einen Termin 🙂 Ich freu mich schon so sehr darauf. Wisst ihr, das ist schon komisch, wenn man nicht mehr jeden BH kaufen kann. Und Morgen darf ich in einen schönen Laden und mal wieder bisschen was schönes für drunter kaufen. Ich versteh nicht wirklich, wieso das immer noch so ein Tabu ist. Inzwischen kennt doch fast jeder eine Frau, die Brustkrebs hatte. Wenn eine Frau sich eine Brust entfernen lassen musste, dann ist das weder widerlich noch abartig sondern dann war das nötig und sie war stark genug, das durchzuziehen. Das will halt keiner sehen, so einen Laden. Den meisten passt das einfach nicht in die oberflächlich heile Welt. Und bitte: Das heißt NICHT BrustAMPUTATION, sondern Mastektomie. Mal ehrlich: ich seh jetzt vielleicht nicht aus wie aus dem Playboy, aber welche Frau kann das denn von sich behaupten? 😉 Und in einem Jahr, wenn die Haut einigermaßen erholt ist von der Bestrahlung, dann bekommt die Linke endlich ihre Nachbarin wieder. Das macht man dann mit Eigengewebe. Weil der Bauch nichts hergibt macht man das mit dem Oberschenkel. Das heißt, ich krieg gleichzeitig noch ne Fettabsaugung. Vielleicht seh ich dann ja wirklich aus wie aus dem Magazin. Und wenn nicht, dann bin ich trotzdem ein Häschen 🙂 

3 Gedanken zu “Häschen feiern nicht nur Ostern

  1. Wieder ein dickes Dankeschön für deinen Bericht! Ich bekomme meine Mastektomie nach der Chemo, im März, und dein Bericht nimmt mir ein wenig von meiner Angst davor 🙂

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  2. ….es freut mich so sehr zu lesen, dass du dich nach deiner Amputation nicht entstellt fühlst! Hochachtung…keine von uns sollte sich entstellt oder verstümmelt fühlen. Ich finde das immer furchtbar traurig zu lesen und zu hören, dass sich manche Frauen derart fühlen.
    Wenn ein wenig Zeit vergangen ist, du die Therapien verkraftet hast und sich neue Fragen in deinem Leben stellen und sich neue Türen geöffnet haben: Dann erkundige dich doch mal nach der Beauli-Methode/Brustaufbau in Berlin. Eine Freundin lässt sich derart ihre amputierte Brust aufbauen und das Ergebnis sieht sehr vielversprechend aus. Das ist Eva von Little Message 😉 Vielleicht wäre dies eine Option für dich…

    Fühl dich umarmt….VlG vom Frollein Wunderfein

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