Punkt Punkt Komma Strich -und fertig ist die Bestrahlungsmarkierung

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Heute schlägt GlatziMaxi ein neues Kapitel auf: nach „Ist das gutartig, oder kann das weg? -> Eine OP ist nicht genug“ und „Gute Zeiten, giftige Zeiten -> Chemo für Anfänger und Fortgeschrittene“ geht die Erfolgsgeschichte in die Verlängerung:

Radioactive Maxi -> Fallout für das Schalentier 

Also wer letzteres nicht ganz versteht, darf gerne zum Simpsonsmarathon zu mir nach Hause kommen 😉 Heute war mein Planungs-CT. Da hat man geschaut, wo die Organe liegen, damit die möglichst nicht mitgekokelt werden. Die liebe Lunge muss leider dran glauben, aber die erholt sich schon wieder. Jedenfalls hab ich heute meine ultraschicke Bestrahlungsmarkierung bekommen. Es ist so wunderschön… nicht 😀

Ich sehe aus, wie ein Tic Tac Toe-Feld. Kennt ihr das? Das Kreuz, wo abwechselnd einer ein X und einer einen Kreis reinkritzelt? Und wer drei in einer Reihe hat gewinnt. Heute hab ich also Tic Tac Toe mit meiner MTA gespielt. Sie ist vielleicht 5 Jahre (wenn überhaupt) älter als ich und hat gleich mal organisiert, dass ich am Tag nach meinem Purzeltag erst später zur Bestrahlung muss -Yes!

A propos Tic Tac Toe: kennt ihr noch diese furchtbare Girlgroup? Hahaha damals war ich noch sehr sehr jung, aber als kleines Kind singt man ja so manchen Mist und zappelt dazu durch die Wohnung ohne zu wissen, was da eigentlich läuft.

Jedenfalls bin ich jetzt mein eigenes Spielbrett. Vielleicht lässt sich damit ja irgendwie Geld verdienen? Zur Miete auf Kindergeburtstagen oder so. Oder gegen Langeweile in der U-Bahn. „Na, bock auf ein wenig Spaß? Warte, ich zieh schnell das Shirt aus.“ Wups, das könnte doch irgendwie falsch verstanden werden…. 😀 Bevor das dann zu irgendwelchen unangenehmen Situationen führt, lassen wir das doch lieber 😉

Jetzt kommt erst mal das Wochenendeeeee. Das Wort zum Freitag, diesmal von Tic Tac Toe inspiriert:

Krebs sagt:

Oh mon amour isch lass disch nie mehr allein
Oh mon cherie es soll für immer sein
J’ai passé le plus bon été d’amour
Du bist für misch ein Wunder der Natur

Maxi sagt:

Ich find dich scheiße! So richtig scheiße!

😉

Nach der Vorsorge ist vor der Nachsorge

funny-pics-16984 Für oben kommt die Nachsorge wenn die Vorsorge aufhört und für unten kommt die Vorsorge damit man keine Nachsorge braucht. Klingt komisch, ist aber so. Ich war Gestern ernsthaft zur Krebsvorsorge beim Gynäkologen 😀 Das Kind ist zwar nicht nur in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen sondern regelrecht darin ersoffen, aber das betrifft ja nur meine nördlichen gynäkologischen Gebiete. Gibt ja noch genug andere Spaßmacher im Unterleib einer Frau und seit das mit der BRCA2Kacke aufgeflogen ist, sind die Eierstöcke verdächtige Nummer 1 im Fall „Glatzimaxi und das mögliche Rezidiv“. Tja, also ging es mal wieder auf den Stuhl. Der ist zwar nicht elektrisch, aber trotzdem maximal unangenehm. Das finde zumindest ich. Und ich glaube nicht mal, dass das daran liegt, dass meine erste Begegnung mit Herr Beinebreitmachstuhl direkt auf den OP-Tisch geführt hat. Aber das ist ne andere Geschichte und die Narben sind schon längst vergessen und verheilt 😉 Mein Gynäkologe hat sooooo einen Hammerhumor! Ich geh da wirklich gerne hin, auch nur zum Reden. Ich hab nach der Diagnose von ihm die Terminflatrate bekommen -> Ich darf ohne Voranmeldung reinspazieren und komm dann an dem Tag auch noch dran. Naja, das hat er bestimmt nur gesagt, weil er wusste, dass ich das nicht inflationär missbrauchen werde. Ich war 2 Mal nach der Diagnose ohne Termin dort. In 7 Monaten… das sollte noch ok sein 😀 Dialog gestern: „Hatten Sie schon das Abschlussgespräch von der Chemo?“ „Jap, vor 2 Wochen.“ „Und? Haben Sie bestanden?“ Hahahaha ich find den immer noch so gut 😀 Gute Nachrichten: alles im grünen Bereich! Yeaih! Und ich hab Rezepte bekommen. Seit ich die Pille nicht mehr nehme und abgenommen habe, ist meine gesunde Brust geschrumpft, die Silikonprothese aber nicht. Jetzt ist die Prothese größer als die gesunde Brust und den Epitasen-Push-up-BH hat glaube ich noch keiner erfunden (das wäre echt noch eine Idee…). Er hat mir ohne mit der Wimper zu zucken ein neues Rezept aufgeschrieben und 2 BH’s gabs obendrein. Supi! Wird Zeit, im le NéNé mal wieder einen Termin zu machen 🙂 Schaut doch einfach mal auf der Homepage bzw. auf der Facebookseite vorbei. Einen Besuch bei Jana Wagner kann ich nicht nur auf Grund der Einhornkunst mit Streuselkacka in der Umkleide empfehlen 😉

http://www.le-nene.de

https://www.facebook.com/pages/Le-Néné/1499712393646954?fref=ts

In 3 Monaten geh ich dann zur nächsten Untenrumvorsorge. Muss sein, auch wegen der Antihormontherapie. Die macht ganz gerne dicke Gebärmutterschleimhaut und dann muss man das ausschaben. Guten Appetit 😀

https://www.youtube.com/watch?v=W1MS_wQqvf4

(Das Kasperletheater find ich so abartig zum kugeln lustig 😀 )

hard candy

sweet rain

Dale, dale, dale
No pierdas el tino
Porque si lo pierdes
Pierdes el camino

(Schlag sie, schlag sie, schlag sie
Verlier nicht dein Ziel
Denn verlierst du es
Kommst du vom Weg ab)

Das singen Kinder in Spanien und Mexiko an Ostern oder Weihnachten, wenn zur Feier des Tages eine Piñata „geschlachtet“ wird. Piñatas sind diese bunten Pappmachétierchen die mit Süssigkeiten gefüllt sind. Mit einem Stock wird dann mit verbundenen Augen so lange auf das unschuldige Wesen eingeprügelt, bis es süße Köstlichkeiten regnet.

Gestern war mein Vorgespräch in der Strahlentherapie. Ich wusste vorher nicht, in welcher Dosis ich bestrahlt werden soll. Satz Nummer 2 der Ärztin: „Wir fahren das harte Programm auf Grund Ihres Alters und Ihrer Tumoridentität.“ Tumoridentität? Echt jetzt 😀 Übersetzt heißt das: „Wir haben Angst, dass Sie die Scheiße wieder kriegen weil Sie so jung sind und ihr Krebs ein aggressives Arschloch ist und deshalb hauen wir da so richtig drauf.“

Prinzipiell bin ich damit voll einverstanden. „Hauen Sie drauf mit allem, was Sie haben.“ Genau so habe ich das damals zum Chefarzt gesagt und des Menschen Wille ist sein Königreich und deshalb darf ich mich eigentlich nicht beschweren. Eigentlich. Eigentlich dachte ich, wenn da, wo früher mal ein Körperteil war nur noch ein Bombenkrater aus Haut straff direkt über Knochen gespannt übrig ist, kann man bei der Bestrahlung mal etwas vom Gaspedal gehen. Nee, leider nicht. Ich hab da so ein dummes L1 in der Tumorformel -> die komplette Lymphabflussregion wird bestrahlt, der Brustgedenkbombenkrater auch und die Achsel. Gestern war ich ungefähr so gut drauf wie Rumple aus der Sesamstraße. Heute geht die Stimmung wieder eher Richtung Elmo 🙂

Manchmal vergess ich eben, dass nicht ich die Piñata bin, sondern der Krebs. Es gibt nur eins: draufhauen draufhauen draufhauen. Nur dann gibt es Süßigkeiten. Wer faul ist kriegt die Pappmachépuppe nie kaputt. Der läuft nur mit verbundenen Augen rum und kriegt nie die Belohnung. Verlierst du das Ziel, kommst du vom Weg ab. Dieses Kinderlied passt so gut! Wir alle dürfen unser Ziel nicht verlieren. Irgendwann war der Tag, an dem wir uns entschieden haben, dem Krebs den Kampf anzusagen. Damals haben wir den Stock in die Hand genommen und gesagt: ich haue so lange drauf, bis ich die Belohnung bekomme. Egal, was die Belohnung ist: Heilung, Zeit,…. es lohnt sich! Damals waren wir uns da total sicher. Ich will gesund werden oder Ich will kämpfen oder Ich gebe nicht auf. Irgendwann wird das dann anstrengend. Klar, ohne Fleiß kein Preis. Und vielleicht haut man auch mal daneben. Aber dann heißt es wieder: Ziel neu fokussieren, kurz durchatmen und wieder voll drauf los!

Irgendwann hat sich das ganze gelohnt und dann regnet es Süßigkeiten *.* Davon träumen wir doch schon seit wir denken können. Also: ordentlich auf die Kacke hauen 😉 der Mistkerl hat es verdient!

Schlag ihn, schlag ihn, schlag ihn
Verlier nicht dein Ziel
Denn verlierst du es
Kommst du vom Weg ab

Portofrei in Richtung Zukunft

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So, also erst einmal kurz zu letztem Mittwoch: es lief überraschend gut. Die Entscheidung, wann die andere Brust operiert wird, liegt komplett bei mir. Aber die Ärztin hatte so gute Argumente, dass ich mir gar nicht mehr sicher bin, was ich jetzt eigentlich will. Das ist aber nicht schlimm. Jetzt kann ich sowieso nicht operiert werden.

Als das Portkaterchen sich die Stiefel anzog und sagte „Fuck this shit, I’m out.“

Anfangs war die Beziehung zwischen meinem Portkaterchen und mir ja eher nicht so toll. Aber mit der Zeit wurde aus einem stillen Miteinander eine enge Freundschaft und ich hatte mein Stubentigerchen wirklich gerne. Immer wenn man ihn gebraucht hat war er brav an seinem Platz ,hat geschnurrt wenn er angepiekst wurde und hat alles geduldig ertragen. Im Gegenzug dazu hab ich ihn Regelmäßig mit Chemo, NaCl, Normofundin, Schmerzmitteln, Heparin usw. gefüttert (er war leider sehr drogenabhängig).

Tja und am Freitag war es dann aus mit der trauten Zweisamkeit. Das Katerchen musste gehen. Irgendwann hat es sich den Goldenen Schuss gesetzt und das wars dann. Es wollte irgendwie nicht mehr und auch ich hatte einfach keine Lust mehr, es regelmäßig zu füttern. Die Ärzte waren auch der Meinung, bevor das Katerchen eine richtige Thrombose heraufbeschwört und ich zu faul bin, es alle 3 Monate mit Heparin zu füttern, würde uns etwas Abstand wirklich gut tun.

Und so kam es dann auch. Das Katerchen zog sich die Stiefel an und ohne viel Worte war es dann weg. Am Anfang hat das ziemlich weh getan aber inzwischen muss ich sagen, dass das eine wahnsinnige Erleichterung ist.

Sei glücklich Portkaterchen, wo auch immer du gerade bist (bestimmt im Sondermüll).  Danke für alles ❤

Jap, seit Freitag bin ich portfrei 🙂 Die „OP“ (naja, Op ist was anderes) ging tatsächlich 1,5 Stunden, lief aber total glatt. Jetzt ist der Port weg und das heißt: keine Chemo mehr! Ganz ganz sicher. Das ist herrlich. So ein befreiendes Gefühl. Morgen geht es weiter: erstes Gespräch in der Strahlentherapie. Ich habe aber schon Mittwoch erfahren, dass es nicht 30 sondern 35 Bestrahlungen werden. Also auf eine Woche kommts dann irgendwie auch nicht mehr an 😉

Ach, und wer jetzt nur noch große Fragezeichen in den Augen hat und denkt, ich hätte heute zu tief ins Tramadol-Glas geschaut: https://glatzimaxi.wordpress.com/2014/10/16/katzenjammer/

Ctrl+Alt+Del -> Klammergriff für das Krebsprogramm

Kontrolle ist etwas ganz wichtiges. Wenn man erwachsen ist, will man sein Leben selbst in die Hand nehmen. Man soll es selbst in die Hand nehmen. Man gaukelt sich immer vor, man hätte das Leben fest im Griff und man sei selbst Herrin der Lage.

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Seit der Diagnose ist das mit der Kontrolle zum Tauziehen zwischen mir und der Krankheit geworden. Ein ständiger Kraftakt um die Vorherrschaft über mein Leben. Man ist ja schließlich noch Mensch, nicht nur Patient und auch noch jung und nicht nur krank. Und dann sieht man es gar nicht ein, seine Freizeitplanung zum Beispiel an die Leukozyten anzupassen. Das Problem fängt aber schon da an: Freizeitplanung. Freizeit? Tja, Krebspatienten haben keinen Urlaub oder Feierabend. Das Spielchen läuft rund um die Uhr.

Gerade tickt die Krebsuhr wahnsinnig Laut in meiner Psyche rum. Der Krebs zieht mit wahnsinniger Kraft am Kontrolltau und ich muss ein Stückchen nachgeben. Ich hab verdammte Angst vor Morgen. Angst Angst Angst Angst Angst. Der Termin schwirrt wie eine lästige Fliege permanent in meinen Gedanken umher. „Pssss Psssss Psssss….“ scheiß Fliegen! Verdammt, hat keiner eine Fliegenklatsche?

Ich bin mir fast sicher, dass ich Morgen das erste Mal anderer Meinung sein werde als die Ärzte. Und auf die Situation bin ich schon wahnsinnig gespannt. Ich weiß ganz genau was ich will. Es ist mein Körper. Ich bin die Patientin und ich will das genau so und kein Stück anders. Aber ob ich es schaffe, das dort auch so klar zu sagen…. Und was, wenn es trotz allem heißt: „Nein, machen wir nicht.“? Ich will nichts total abnormales. Aber es ist mir wichtig. Ich glaub, wenn es mir da nicht nach dem Kopf geht, kann ich mich gleich in der psychoonkologischen Abteilung anmelden. Ich zieh schon mit beiden Armen am Krebstau, eigentlich bräuchte ich schon einen dritten für Krankenkasse und Co. Ich hab keine freien Kapazitäten um meine Kräfte auch noch mit den Ärzten zu messen.

Tja, Kontrolle. Gerade hab ich versucht, die Kontrolle über den Termin Morgen ein bisschen zu kriegen. Ärzte gehen meiner Meinung nach besser vorbereitet in solche Gespräche. Sie wissen, was geredet wird. Sie kennen die Fakten und sie haben das Fachwissen. Ich HASSE es, wenn es um mich geht und ich trotzdem die im Raum bin, die am wenigsten bescheid weiß. Natürlich wäre es auch beängstigend, wenn ich den Ärzten die Chemo erklären müsste. „Oh Gott, nein! Ich bekomme die Chemo immer in 500 ml NaCl, nicht in 250!“ Aber so eine kleine Agenda wäre vorher ja nicht schlecht. Ich versuch dieses Machtungleichgewicht dann vorher immer auszugleichen. Ich habe eine kleine Mappe, in die packe ich am Abend vorher immer alles, was ich irgendwie für den Termin brauchen könnte. Außerdem ist da so das Patientengrundversorgungspaket drin, Röntgenpass und solche Späße. Und dann schreib ich mir immer auf, was ich fragen bzw klären will. Nennt mich gestört, aber ich geh besser vorbereitet in so manches Gespräch im Krankenhaus als in meine Abiturprüfungen.

Natürlich ist das nur Illusion. Eine Mappe mit ein paar Fragen und Befunden bringt mir kein bisschen Kontrolle über diesen ganzen Wahninn. Aber irgendwie kann ich mir das so wenigstens ein bisschen einreden und wenn ich denke, ich hätte Kontrolle, habe ich ein klein wenig weniger Angst. Wenigstens ein klitzekleines bisschen.

Wenn möglich, bitte wenden

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Hallo liebe Mitchallenger 🙂

Ich muss ehrlich zugeben, das Ergebnis vom Gentest hat mich Donnerstag etwas aus der Kurve geworfen. Wenn man versucht, mit 180 Sachen durch die Krebsgeschichte zu düsen und dabei immer eine feste Route vor Augen hat, dann sieht man manchmal nicht, dass es auch eine andere Straße gibt. Aber wie sagt man so schön? Viele Wege führen nach Rom (oder eben in die Zukunft) und jetzt ist es Zeit, den Blinker zu setzen, kurz rechts ranzufahren und sich neu zu orientieren um dann auf einer anderen Straße wieder voll durchzustarten.

Nach der Diagnose habe ich mir das alles unkomplizierter vorgestellt. Damals stand ganz klar eins auf meiner rosaroten Naivitätslandkarte: OP, Chemo, dann sofort weiter mit der Bestrahlung und schwups im März wieder an die Hochschule. Ärzte, Schwestern und meine Sozialarbeiterin konnten da so viel reden wie sie wollten, ich hielt das für realistisch. 8 Monate, mehr Zeit wollte ich mir für den Krebs nicht nehmen. Ich hab das alles so schön ausgerechnet: Anfang August mit der Chemo anfangen, dann 2 Wochen Pause zwischen letzter Chemo und Bestrahlung und dann sofort ab in die Reha. Dann würde ich nur die erste Vorlesungswoche verpassen.

Tja, das erste Mal wurde die Route neu berechnet, als ich zur Nachresektion musste. Nach einer Tumoroperation muss ein gewisser Anteil gesundes Gewebe um das bösartige mit entfernt werden. Ein Sicherheitsabstand um sicher zu gehen, dass alles entfernt wurde. Beim Karzinom ist das 1cm, beim DCIS sind es 0,5cm. Das Karzinom wurde bei mir zwar vollständig entfernt, aber trotz der Mastektomie, bei der die komplette Brust mit Haut und Brustwarze und großen Teilen des Brustmuskels entfernt wurden, war da noch ein winzig kleines Ärmchen DCIS übrig, weshalb dann doch nochmal nach 2 Wochen der Anruf vom Krankenhaus kam und ich gleich am Tag darauf wieder einrücken musste. Die halbe Naht wurde noch einmal geöffnet und noch ein Stückchen Muskel rausgenommen. Das hat mich in meiner Zeitplanung noch einmal um 14 Tage zurückgeworfen. Naja, 3 Wochen Vorlesung krieg ich schon noch irgendwie nachgeholt….

Dann kam die Chemo und wurde so viel anstrengender, als ich dachte. Nach meiner Rechnung hätte ich jetzt schon Bestrahlung haben müssen. Aber dann kam der zweite Weihnachtsfeiertag. Der Tag, an dem ich als Notfall mitten in der Nacht ins Krankenhaus düste. Dort war ich eine Woche. Und bis jetzt erhol ich mich davon. Was da los war, dass es mich so nach hinten geworfen hat, darüber will ich jetzt eigentlich nicht reden. Jedenfalls habe ich am Tag 6 auf Station, als ich endlich wieder das Zimmer verlassen hab und dem Leben „Hallöchen“ gesagt hab, meine Sozialarbeiterin wieder auf dem Gang getroffen. Sie war auch beruhigt, dass ich meine Pläne inzwischen geändert habe.

Es ist total blödsinnig, mich fürs Sommersemester wieder anzumelden. Ich werde das nicht schaffen. Ich schaffe es nicht, bis März die Therapie durchzuboxen. Auch nicht bis April. Es wird wohl eher Anfang Mai, wenn überhaupt. Ich will noch in die AHB oder Reha. Da muss ich erst noch 3 Wochen warten nach der Bestrahlung, bis die Haut wieder einigermaßen gut ist. Und dann brauche ich jetzt ja doch noch eine Mastektomie links. Bis März werde ich körperlich noch nicht einmal fit genug sein, um den Weg zur FH jeden Tag zu packen. Dann noch ein Vorlesungstag ohne Ruhepause. Lernen, laufen…. es ist utopisch. Dann lieber jetzt alles in Ruhe machen und dann im Wintersemester wieder voll durchstarten. Ich bin ehrlich, ich gönn mir dann auch lieber noch 2 Monate Ruhe und genieße den Sommer und das Leben. Ich will mich einfach nicht mehr so stressen. Spätestens vor 2 Wochen habe ich gemerkt, dass mein Leben dafür viel zu kurz ist.

Am Mittwoch geht es dann weiter. Das nächste Gespräch im Brustzentrum. Agenda: wie war die Chemo? Was machen wir gegen die Nebenwirkungen, die etwas hartnäckiger sind als die anderen? Wie gehts jetzt weiter wegen der Gensache? Wann die Mastektomie Nummer II? Am Donnerstag ist mein Fall dann wieder in der Tumorkonferenz dran. Und da gehts dann auch drum, wie die Bestrahlung aussieht.

Tja, ihr seht, wie die Route aussehen wird die nächsten Monate weiß noch keiner so recht. Jetzt müssen wir mit den neuen Verkehrsmeldungen klarkommen. Schließlich hat keiner damit berechnet, dass es auf der Autobahn A BRCA2 zu positiven Verkehrsstörungen kommt. Aber Staus gibt es eben überall und weil ich lieber renne als im Stau zu stehen und zu warten, bis der Krebs mich einholt, wird jetzt umgeplant. Zum Glück habe ich ein Team, dass sich gut auskennt mit dem Krebsstraßenatlas. Ich bin nämlich eher orientierungslos.

Aber bis jetzt bin ich immer ans Ziel gekommen…. man muss mir nur sagen, wie ich dort hinkomme 😉

Another brick in the wall

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Willkommen in Professor Xavier’s Schule für begabte Jugendliche.

Genmutationen können so cool sein: Unverwundbarkeit, Gedanken lesen, Laseraugen, Stürme heraufbeschwören…. alles irgendwie geil. Es gibt aber auch Genmutationen, die sind kacke.

Wie angekündigt war ich heute beim Genetiker. Es gibt 2 bekannte Genmutationen, die eine Veranlagung für Brustkrebs auslösen. BRCA1 und BRCA2 (BReastCAncer ->Brustkrebs). Wenn jemand diese Gene hat, dann bedeutet das nicht, dass er auf jeden Fall Brustkrebs bekommt (oder Eierstockkrebs, das kann es auch auslösen). Man muss sich das so vorstellen:

Das Brustgewebe ist eine Mauer aus Ziegelsteinen. Ist alles gesund steht sie fest und stabil. Liegt eine Genmutation vor, fehlt ein Stein in dieser Mauer. Je nach dem, wo dieser Stein fehlt, hält die Mauer entweder ein Leben lang (trotz der Mutation), oder sie fällt früher oder später in sich zusammen. Wenn die Mauer zusammenkracht dann kommt Krebs dabei raus. Das Gen macht also keinen Krebs, sondern macht das System anfällig für Fehler, aus denen Krebs entsteht.

Der Knackpunkt: ich bin 22. Ich habe die Brust jetzt vielleicht 6 oder 7 Jahre. Und zack, irgendwas in mir hat gerufen „Die Mauer muss weg!“. Den Rest kennt ihr ja. Wenn mein Krebs tatsächlich genetisch bedingt ist, dann bedeutet das, dass der Stein in der Mauer an einer wahnsinnig wichtigen Stelle fehlt und das ganze wahnsinnig instabil ist. Aber bei uns in der Familie hatte ja so gut wie keiner Brustkrebs. Als ob da was rauskommt….

Jap, zurück in der Realität.

Ich bin tatsächlich BRCA2 positiv.

Verdammte Axt. Kann ich nicht doch lieber Wasser gefrieren lassen oder sowas? Ich wär sogar mit Spidermankräften zufrieden! Dann würde ich mich ein bisschen am Fernsehturm rumschwingen. Kommt schon… „Storm“ ist ein cooler Name für einen Mutanten. Wie soll ich mich nennen? Booby? Oder Titti? Echt jetzt????

Und was halt auch irgendwie nervt: die Wahrscheinlichkeit, in den nächsten 15 Jahren links auch noch das Krebstheater anzufangen liegt bei 60-70%. Auf Lebenszeit bei 90-99%. Natürlich hab ich vor, noch etwas länger als 10 Jahre zu Leben. Also: Tschüssikowski Babydoll. Lieber Brust weg als arm dran oder wie sagt man? Wann und wie wird nächste Woche besprochen. Wahrscheinlich nach der Strahlentherapie.

Tja, wie sieht jetzt mein Gefühlsleben aus? Irgendwie bin ich pissig und enttäuscht, dass mal wieder n Scheißbefund rauskam. Kann es nicht mal heißen: alles gut. Ähm nein, das wär ja langweilig. Irgendjemand muss ja dafür sorgen, dass mir der Gesprächsstoff hier nicht ausgeht. Dieser Krebsfaden wird immer länger und länger. Wie so ein Schimmelpilz. Man sieht gar nicht, wie weit der seine Fäden ins Gesunde spinnt. Und genauso spinnt der Krebs seine Fäden in mein Leben. Und mir wird immer klarer: das Thema wird wohl nie so richtig erledigt sein. Den Teil meines Lebens, der nichts von Krebs und so wusste und der so herrlich unbeschwert in die Zukunft geschaut hat, den hab ich damals im Juli in dem Besprechungszimmer im Krankenhaus zurückgelassen, als ich die Diagnose bekam.

Naja. Ich hab 22 Jahre mit dem Gendefekt gelebt, ich hab das ja schon immer. Also pack ich das auch in Zukunft. Es wird sich schon alles irgendwie richten. Ich muss nur aufpassen, dass meine Brust nicht „I’ve been lockig for freedom“ hört und dann spontan ans Kollabieren denkt. So und jetzt schreib ich meine Bewerbung für die XMen. Drückt mir die Daumen!! 😉

Achtung, Ironie

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„Die Chemo ist vorbei, jetzt gehts dir ja wieder gut.“

Jap, es geht mir 14 Tage nach der letzten Chemo tatsächlich wieder so abnormal gut, dass ich grad kotzen könnte. Heute Morgen zum Beispiel bin ich aufgewacht und hab mich so abnormal toll gefühlt! Ich hab die Knochenschmerzen soooo sehr vermisst. Es ist so schön, wenn man endlich mal wieder jeden einzelnen Wirbel spürt, das Becken kneift, die Röhrenknochen knacken und das Sternum pulsiert. Mensch, da spürt man richtig, wie lebendig man ist! Gott sei Dank darf ich den ganzen Tag schlafen. Hier auf dem Sofa geb ich kein unnötiges Geld aus. Als junger Krebspatient hat man eh so viel Geld, dass man gar nicht weiß, wohin damit. Wäre ja auch irgendwie unfair, wenn man auch noch finanzielle Probleme hätte. Ihr werdet sehen, ich geh noch als Millionärin aus der Nummer raus. Und was noch viel besser ist: unnötig Zeit fürs Kochen verschwende ich auch nicht. Wer will schon essen, wenn einem die Mundschleimhaut in fetzen weghängt und Soor und Aphten die Schlacht um Mittelerde nachstellen? Gekochte ungewürzte Kartoffeln und Naturjoghurt sind ein wahres vier Sterne Menü, so nen Luxus hat nicht jeder. Außerdem hab ich ein tägliches Wellnessprogramm! Ich bin meine persönliche Sauna. Jeden Abend heiz ich vor lauter Erschöpfung (wahrscheinlich durch meine exzessiven Partys) schön auf 38 bis 39 Grad hoch. Manchmal hab ich extremes Glück, da hält das die ganze Nacht oder kocht morgens auch noch mal kurz hoch. Auch super: ich muss nur noch 8 Zehennägel lackieren. Die anderen 2 habe ich aus purer Lackierfaulheit spontan abgestoßen.

Mensch ja, mir gehts so gut! Leider dauert es nur 6 bis 12 Monate, bis ich körperlich wieder so bin, wie vor der Therapie. Das ganze könnte von mir aus ewig dauern….. 😉 😉 😉

(Definition von Ironie:“feiner, verdeckter Spott, mit dem jemand etwas dadurch zu treffen sucht, dass er es unter dem augenfälligen Schein der eigenen Billigung lächerlich macht“)

Komm, mein Mädchen. Reich mir deine Hände.

2015/01/img_6396-2.jpg Das Foto entstand an dem wunderschönen Nachmittag bei Nana-Recover your Smile e.V.. Wie es dort war, könnt ihr hier gerne noch einmal nachlesen:

https://glatzimaxi.wordpress.com/2014/11/10/bitte-lacheln/

zur Website des Vereins geht es hier:

http://www.recoveryoursmile.org


Komm, heute rebellieren wir. Wir lehnen uns auf. Lass uns den Aufstand proben. Gegen Tod und Krankheit. Lass uns trotzige Glatzenpunker sein, stille Widerstandskämpfer, ganz egal…

Komm, lass uns kämpfen. Gegen die Fremdkontrolle über uns, gegen die Angst. Wir sind frei! WIR entscheiden, ob wir versklavt werden. Lass uns einfach aussteigen aus diesem System und es zerstören. Machen wir fertig, was uns fertig macht! Werfen wir dem Krebs mit Brustprothesen die Scheiben ein. Lass uns Sitzstreiks in der Chemoambulanz machen! Los, basteln wir Molotowcocktails aus Perücken. Gehen wir demonstrieren gegen den Dreckskerl. Unser Feind ist nicht die Therapie, ist nicht unser Körper. Unsere Feinde sind nicht wir selbst, sind nicht unsere Tränen. Unser Feind ist die Krankheit. Lass uns nie vergessen, wer unser Feind ist. Die Chemo tut weh, aber sie ist nicht das, was uns zerstören will. Die Krankheit will unser Diktator sein. Sie will uns unterdrücken, uns unsere Lebenskraft nehmen. Noch schlimmer -unseren Lebenswillen. Sie will uns einsperren, uns aussaugen. Uns alles nehmen. Aber wir machen da nicht mit. Denn eins ist sicher: keiner rennt so schnell, wie jemand, der um sein Leben rennt. Den kann keiner einholen. Die Krankheit sitzt fett und bequem im gemachten Nest und kann niemals die Kraft aufbringen, die wir haben. Sie kann uns nicht einholen, nicht bezwingen. Wir rennen um unser Leben. Es geht um alles oder nichts. Um alles. Komm, lass uns rennen. Lass uns kämpfen! Komm, ich nehm dich an die Hand und wir gehen zusammen zur Chemo. Lass uns diesen Kampfgeist in alle Bestrahlungszentren der Republik Tragen, zu jedem MRT, zu jeder Mammographie. In jede Praxis und jedes Krankenhaus. Wir tun das BEWUSST! Es ist unser Weg, unsere Therapie, unser Kampf. Wir stellen uns gegen das, was uns kaputt macht und uns aussaugt. Wir sind Menschen, nicht unsere Diagnose. Lass uns nie vergessen: solange es irgendeine Infusion gibt, eine Tablette, eine Spritze oder irgendeine Behandlungsmethode, solange gibt es Hoffnung für uns! Solange rennen wir. Und hören unsere Herzen dabei immer lauter schlagen und dann merken wir: wir sind am Leben, jeden Tag. Und das ist unsere persönliche Rebellion…. gegen den Krebs und gegen den Tod -zusammen

A selfie a day keeps cancer away

The-Original-Selfie

Einen Jahresrückblick an Silvester kann ja jeder machen. Vieeeel zu Mainstream 😀 Deshalb gibt es hier am 5.01. einen HALBjahresrückblick. Krass, oder? Das letzte Jahr war ganz genau in 2 Teile geteilt. Ende Juni gabs die Diagnose. 6 Monate Studentin, 6 Monate Patientin. 12 Monate ich.

Ich hab mir lange überlegt, wie das aussehen könnte, so ein Rückblick. Ich habe sehr sehr viele Fotos gemacht die letzten Monate. Viel mehr als früher. Vor allem Selfies. Das klingt jetzt vielleicht selbstverliebt oder eitel. Früher habe ich nie viele Fotos von mir gemacht. Eher von anderen. Aber es ist nicht immer ganz einfach mit der neuen Frisur und dem veränderten Körper. Wenn man morgens aufsteht und aussieht, wie Neo der gerade das erste mal aus der Matrix aufwacht und man erst mal 20 Minuten schminken muss, damit der Postbote wenn er klingelt nicht schreit wie in der Schuhwerbung. Das kratzt dezent am Selbstbewusstsein. Dann habe ich immer wieder Fotos gemacht und sie mir angesehen. „Du siehst nicht so schlimm aus, wie es dir vorkommt“ Dafür waren diese Selfies ganz ganz wichtig. Ich will Bilder haben, auf denen ich nicht krank aussehe. Zumindest Bilder.

Deshalb bin ich zum Entschluss gekommen, ein paar dieser Selfies mit euch zu teilen ist nicht selbstverliebt. Viel mehr teile ich da mit euch Momente, an denen ich ganz bei mir war und mir und meinem Selbstbewusstsein etwas gutes getan habe. Lauter kleine Rettungsringe. Denn für Selfies ist man (fast) nie zu schwach. Selfies kann ich machen, wie jeder andere junge Mensch auch.

Leider kann ich das Video hier nicht einbetten. Aber klickt einfach auf den Link. Da könnt ihr euch das kleine aber feine Video anschauen 🙂

https://www.youtube.com/watch?v=n8PBmopodLM

Eines ist sicher: ich werde mich an kein Jahr, das ich bis jetzt erlebt habe, so bewusst erinnern wie an 2014. Es war ein Jahr voller Höhen und voller Tiefen. Und ein Jahr voller Selfies 🙂