
Hallo liebe Mitchallenger 🙂
Ich muss ehrlich zugeben, das Ergebnis vom Gentest hat mich Donnerstag etwas aus der Kurve geworfen. Wenn man versucht, mit 180 Sachen durch die Krebsgeschichte zu düsen und dabei immer eine feste Route vor Augen hat, dann sieht man manchmal nicht, dass es auch eine andere Straße gibt. Aber wie sagt man so schön? Viele Wege führen nach Rom (oder eben in die Zukunft) und jetzt ist es Zeit, den Blinker zu setzen, kurz rechts ranzufahren und sich neu zu orientieren um dann auf einer anderen Straße wieder voll durchzustarten.
Nach der Diagnose habe ich mir das alles unkomplizierter vorgestellt. Damals stand ganz klar eins auf meiner rosaroten Naivitätslandkarte: OP, Chemo, dann sofort weiter mit der Bestrahlung und schwups im März wieder an die Hochschule. Ärzte, Schwestern und meine Sozialarbeiterin konnten da so viel reden wie sie wollten, ich hielt das für realistisch. 8 Monate, mehr Zeit wollte ich mir für den Krebs nicht nehmen. Ich hab das alles so schön ausgerechnet: Anfang August mit der Chemo anfangen, dann 2 Wochen Pause zwischen letzter Chemo und Bestrahlung und dann sofort ab in die Reha. Dann würde ich nur die erste Vorlesungswoche verpassen.
Tja, das erste Mal wurde die Route neu berechnet, als ich zur Nachresektion musste. Nach einer Tumoroperation muss ein gewisser Anteil gesundes Gewebe um das bösartige mit entfernt werden. Ein Sicherheitsabstand um sicher zu gehen, dass alles entfernt wurde. Beim Karzinom ist das 1cm, beim DCIS sind es 0,5cm. Das Karzinom wurde bei mir zwar vollständig entfernt, aber trotz der Mastektomie, bei der die komplette Brust mit Haut und Brustwarze und großen Teilen des Brustmuskels entfernt wurden, war da noch ein winzig kleines Ärmchen DCIS übrig, weshalb dann doch nochmal nach 2 Wochen der Anruf vom Krankenhaus kam und ich gleich am Tag darauf wieder einrücken musste. Die halbe Naht wurde noch einmal geöffnet und noch ein Stückchen Muskel rausgenommen. Das hat mich in meiner Zeitplanung noch einmal um 14 Tage zurückgeworfen. Naja, 3 Wochen Vorlesung krieg ich schon noch irgendwie nachgeholt….
Dann kam die Chemo und wurde so viel anstrengender, als ich dachte. Nach meiner Rechnung hätte ich jetzt schon Bestrahlung haben müssen. Aber dann kam der zweite Weihnachtsfeiertag. Der Tag, an dem ich als Notfall mitten in der Nacht ins Krankenhaus düste. Dort war ich eine Woche. Und bis jetzt erhol ich mich davon. Was da los war, dass es mich so nach hinten geworfen hat, darüber will ich jetzt eigentlich nicht reden. Jedenfalls habe ich am Tag 6 auf Station, als ich endlich wieder das Zimmer verlassen hab und dem Leben „Hallöchen“ gesagt hab, meine Sozialarbeiterin wieder auf dem Gang getroffen. Sie war auch beruhigt, dass ich meine Pläne inzwischen geändert habe.
Es ist total blödsinnig, mich fürs Sommersemester wieder anzumelden. Ich werde das nicht schaffen. Ich schaffe es nicht, bis März die Therapie durchzuboxen. Auch nicht bis April. Es wird wohl eher Anfang Mai, wenn überhaupt. Ich will noch in die AHB oder Reha. Da muss ich erst noch 3 Wochen warten nach der Bestrahlung, bis die Haut wieder einigermaßen gut ist. Und dann brauche ich jetzt ja doch noch eine Mastektomie links. Bis März werde ich körperlich noch nicht einmal fit genug sein, um den Weg zur FH jeden Tag zu packen. Dann noch ein Vorlesungstag ohne Ruhepause. Lernen, laufen…. es ist utopisch. Dann lieber jetzt alles in Ruhe machen und dann im Wintersemester wieder voll durchstarten. Ich bin ehrlich, ich gönn mir dann auch lieber noch 2 Monate Ruhe und genieße den Sommer und das Leben. Ich will mich einfach nicht mehr so stressen. Spätestens vor 2 Wochen habe ich gemerkt, dass mein Leben dafür viel zu kurz ist.
Am Mittwoch geht es dann weiter. Das nächste Gespräch im Brustzentrum. Agenda: wie war die Chemo? Was machen wir gegen die Nebenwirkungen, die etwas hartnäckiger sind als die anderen? Wie gehts jetzt weiter wegen der Gensache? Wann die Mastektomie Nummer II? Am Donnerstag ist mein Fall dann wieder in der Tumorkonferenz dran. Und da gehts dann auch drum, wie die Bestrahlung aussieht.
Tja, ihr seht, wie die Route aussehen wird die nächsten Monate weiß noch keiner so recht. Jetzt müssen wir mit den neuen Verkehrsmeldungen klarkommen. Schließlich hat keiner damit berechnet, dass es auf der Autobahn A BRCA2 zu positiven Verkehrsstörungen kommt. Aber Staus gibt es eben überall und weil ich lieber renne als im Stau zu stehen und zu warten, bis der Krebs mich einholt, wird jetzt umgeplant. Zum Glück habe ich ein Team, dass sich gut auskennt mit dem Krebsstraßenatlas. Ich bin nämlich eher orientierungslos.
Aber bis jetzt bin ich immer ans Ziel gekommen…. man muss mir nur sagen, wie ich dort hinkomme 😉