Release Candidate

( Nur kur, damit jemand den Witz versteh: mein letzter Eintrag hieß Beta. Jetzt kommt der Release Candidate. Googelt doch einfach schnell Entwicklungsstaiden von Software)

Tadaaaa. 13.3.1025….. die aller letzte Bestrahlung. 2 Jahre. 2 Jahre überstanden. Prognose wird plötzlich besser. Leben wird immer therapieloser. Das Leben wird immer zwiespältiger.

Das ganze ist jetzt ja schon fast nicht mehr wahr. Fast. Nur dann nicht, wenn ich in den Spiegel schaue, oder an mir herunter. Nur dann nicht, wenn ich Morgens keinen BH anziehe, wenn ich unter der Dusche keine Brüste wasche, ich meine neuen blonden lockigen Haare wasche, sie „frisiere“. Wenn ich beim Sex keine Brüste habe. Wenn ich einem neuen Partner erzählen muss, dass ich keine Brüte habe. Nur dann nicht, wenn ich meine alten Fotos ansehe, an früher denke, an die Zeit, als ich keine Tabletten nahm, als ich nichts wusste. Nur dann nicht, wenn alle meine Lieben durchdrehen, weil ich mal länger als eine Woche huste. Nur dann nicht, wenn ich mich mit früher vergleiche. Nur dann nicht, wenn ich an das denke, was passiert ist. Nur dann nicht, wenn ich mal wieder beim Arzt bin…. Scheiße.

Und. Das ist ok. Ich wär ja auch nicht so, wie ich bin, wenn das alles nicht passiert wäre. Aber es ist passiert. Man kann das irgendwie niemandem vermitteln, dass manche Sachen nicht aufhören, wenn sie aufhören. Ja, es schreibt sich sogar schon unlogisch. Aber es holt mich immer wieder ein. Und je normaler die Dinge werden, umso schwerer wird es. Wem sagt man es? Keinem? Sagt sich so einfach. Ich hab einfach noch Defizite. Ich kann nicht immer so wie normal. Meistens. Aber wenn nicht, will ich keine Notlügen erfinden. „Ich kann heute Abend einfach nicht mehr. Ich hab solche Knochenschmerzen von meinen Medikamenten. Ich möchte nicht noch ewig in einem Club stehen.“ „Medikamente? Was? Wieso?“ Normale Fragen, die ich auch stellen würde. Aber möchte ich sie beantworten? Meine Krebshemmschwelle ist enorm. Erstens möchte ich nicht, dass Leute denken, ich würde das als Entschuldigung vorschieben. Was ich (meiner Meinung nach) absolut vermeide. Ich WILL alles normal machen. Ich WILL normal sein. Und zweitens, weiß doch keiner wirklich, wie er damit umgehen soll. Vor allem nicht in meinem Alter. „Ich hatte Brutkrebs“ klingt schon scheiße. „Ich hatte Brustkrebs mit 22“ klingt noch dümmer. Was? Wie das? Was hast du denn falsch gemacht, dass du so früh krank geworden bist? Selbst von Frauen, die selbst erkrankt waren. Würde mir vielleicht auch so gehen. Und das möchte ich den Leuten ersparen. Manchmal fühle ich mich fast so, als müsste ich mich entschuldigen… Ganz komisch: Einerseits fühle ich mich total Stark, weil ich mit jeder Sekunde, in der ich Atme, den Tod besiegt habe. Andererseits fühle ich mich echt geil, weil es schon toll ist sagen zu können, man hätte eine Hochdosischemo durchgezogen. Das hat sowas starkes. Andererseits ist es irgendwie unangenehm… Viele haben ein ganz gefährliches Halbwissen, was dieses Thema angeht. Ich habe Angst, vor schlauen Tips („Hast du mal Himbeeren probiert“; „Chemo? Tötet doch eh nur“). Und solche Scheiße möchte ich einfach nicht nochmal hören…Ich habe Angst davor, dass mich Leute anders sehen. Obwohl das, was sie sehen, das ist, was sich aus meiner Geschichte entwickelt hat. Ich hab Angst, vor mir selbst.

Da kam irgendwie sowas ganz komisches raus… überhaupt nicht Kompromissbereit. So wie die Krankheit: Leben oder Tod. Schwarz oder Weiß. Ja oder nein. Extrem. Ich gebe mir nicht mehr jeden Scheiß. Ich mach es nicht mehr jedem recht. Vieles geht mir am Arsch vorbei. Wirklich! Aber was mir wichtig ist, ist mir wirklich wichtig. Zeit ist begrenzt. Ich will keine Minute mehr verschwenden. Der Joghurt ist abgelaufen… er kann jeden Moment kippen. Jeden Moment. Tick Tack. Tick Tack. Ich höre das Ticken. Immer. Vor allem nachts. Nachts tickt es. Nachts pocht es. Sterben. Wir werden sterben. Ich werde sterben. Und Tod kann unschön sein. Tod kann Leid bedeuten, nicht nur einfach einschlafen, Ich habe genug geliebte Menschen durch die Krankheit gefunden und verloren. Tick Tack. Tick. Nachsorge = Krebssuche. Tick Tack. Prognose. Tick Tack. Mit der Zeit vermehren sich Zellen, Tick…

Ich muss abwarten. Ich muss weiter machen. Weiter leben. Weiter lieben. Weiter lachen. Weiter. Weiter ist mehr. Mehr Leben! Mehr Lachen! Mehr Schmecken! Ich will das Leben einfach spüren. Ich will lebendig sein. Erinnerungen Sammeln. Erinnerungen, nicht Dinge. Setz dich zu mir. Lach mit mir. Du bist viel mehr Wert als das neue Handy. Das ist in einem Jahr doch eh wieder alt… Aber du bleibst. Klingt komisch, oder? Lass UNS Leben. Solange wir es gemeinsam können. Dann hast du Dinge von mir in deinem Kopf und ich Dinge von dir. Und egal, wer zuerst geht: diese Dinge bleiben!

Die Gesellschaft ist nicht bereit für mich? Kein problem. Ich werd ihr das schon beibringen. Ich werde das machen, was ich möchte. Ich werde gleichzeitig so abnormal verrückt und reif sein, wie man es sich nur vorstellen kann. Ich weiß was ich will. Ich weiß was ich kann. Ich weiß was ich war. Ich weiß was ich bin. Seit bereit. Es wird eine Herausforderung…. Für euch 😉

 

(Man sieht mich jetzt als Silhouette gen Sonnenuntergang galoppieren. Blende setzt ein. Fortsetzung folgt….)

Beta

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Betaversion -> „neues bzw. überarbeitetes Software- oder Hardwareprodukt im zweiten Entwicklungsstadium“

Duden

Manchmal, da kommt mir das alles so vor, als ob es nie passiert wäre. Also wirklich gar nicht. Die Tatsache, dass ich einmal scheiße krank gewesen sein soll, erscheint mir dann eher wie ein langer schlechter Traum -ein Traum, aus dem ich irgendwann wieder aufgewacht bin, der mir aber immer noch in den Knochen sitzt. Ihr kennt das doch sicherlich auch, wenn man sehr bewegt geträumt hat. Dann nimmt man den Traum, oder besser gesagt dieses mulmige Gefühl, mit in den Tag. Wenn ich mich darüber unterhalte oder die Erinnerungen hochkommen, dann ist es so komisch, dass das mir passiert sein soll. Genau so unwirklich fühlt sich das Leben vor der Diagnose an. Wenn ich an die Maxi von damals zurück denke, dann kenne ich diese Person nicht mehr. Wie eine alte Schulbekanntschaft, die man früher einmal gut kannte, mit der man sich aber schon lange auseinander gelebt hat. Mensch ja, wat hab ich mich von damals „auseinander gelebt“. In 2 Jahren kann wirklich verdammt viel passieren und man kann in 2 Jahren auch sehr sehr viel älter werden. Das ganze körperliche Brimborium muss ich hier sicher nicht nochmal aufzählen. Da hab ich einfach keinen Bock mehr drauf. Klar hab ich Spätschäden und klar hat die Therapie meinen Körper nachhaltig für immer verändert. Aber wer das hören will, der kauft sich bitte irgendein Medizinbuch oder so n Quatsch… wers braucht.

Richtig ins Eingemachte geht es nämlich erst, wenn die Therapie vorbei ist. Im September hatte ich meine letzte OP. Ich war sogar wieder in „meinem“ Zimmer 206, meine alte Isolierzelle. Und dann packt man seine Tasche, verabschiedet sich von all diesen Menschen die sehr viel Zeit und Arbeit aufgebracht haben, um mich noch ein Weilchen auf der Erde zu behalten. Dann steht man vor der Tür des Hospitals und ist frei.

So viel Freiheit. So schrecklich viel Freiheit.

Sehr lange Zeit wurde mein Leben von meinen Ärzten und meinen Medikamentenplänen organisiert. Ich hangelte mich von Tablette zu Tablette, von Termin zu Termin. Das war Sicherheit in diesem Wahnsinn. Und dann bricht diese Sicherheit weg. Eigentlich echt komisch. Ich wollte so sehr, dass das aufhört. Ich wollte wieder den Alltag einer 20jährigen. Tja. Und dann hab ich sehr schnell bemerkt, dass es diesen Alltag gar nicht mehr gibt. Ich habe ja keine Kinder, keine abgeschlossene Ausbildung, keine Ehe. Meine Beziehung ging kurz nach der Reha friedlich und einvernehmlich auseinander. Diese Krankheit hat mich in einer so doofen Zeit getroffen. Ich war doch gerade dabei, mir alles erst aufzubauen. Und jetzt konnte ich wieder ganz von vorne Anfangen. Resozialisierung. Aber wohin mit sich, wenn man so furchtbar furchtbar frei ist? Wenn man eigentlich nicht so funktionieren kann wie alle anderen, weil man die Kriegswunden innerlich und äußerlich mit sich trägt, alle aber einfach weiter machen wie vorher. Ich will ja eigentlich nicht, dass man auf mich Rücksicht nimmt, aber manchmal will ich es doch. Ich will nicht launisch und anstrengend sein, aber manchmal holt mich alles wieder ein und ich weiß nicht wohin mit mir. Ich will Leben und Lachen, aber manchmal will ich einfach nochmal weinen.

Das ist schon eine Aufgabe, wenn man nochmal anfangen soll. Ich hab mir die Ziele sehr hoch gesteckt: diesmal mach ich es besser. Glücklich sein. Was will ich eigentlich? Was macht mich glücklich? Wohin will ich mit mir? Was kann ich? Das dauert. Bei mir hat das nun fast 1 Jahr gedauert. Ich bin unendlich dankbar, dass die Menschen um mich herum mir das ermöglicht haben, dass ich herausfinden kann, was ich bin, was ich kann und was ich eben nicht kann. Ich weiß jetzt wohin mein Weg geht und das fühlt sich so unendlich gut an. Wie ein Fischchen im Wasser. Ich glaube keiner kann erwarten glücklich zu sein, wenn man dafür nicht kämpft. Vor allem muss man sehr ehrlich zu sich sein.Mein Ablaufdatum stand fest. Definitiv. Ohne Therapie wäre ich jetzt Tod. Das ist eine gute Entscheidungshilfe. Und ja, das sage ich ganz bewusst so. Keiner stirbt früher, nur weil er sich über den Tod Gedanken macht. Und wenn man an Krebs nicht sterben könnte, dann würden nicht alle so eine Scheißangst davor haben. Alles was jetzt kommt ist extra. Jeder Tag. Das darf ich nie vergessen. Was noch geschehen wird weiß ich nicht. Deshalb möchte ich JETZT so leben, wie ich es für richtig halte. Eins ist ganz sicher: das Leben hat tiefere Graustufen und leuchtendere Farben bekommen. Ich habe alles, was ich brauche. Und dabei ist das so herrlich wenig.

Ich habe mich noch nie so sehr wie ich gefühlt. Mein Leben wäre ganz anders, wenn ich nicht krank geworden wäre. Soviel ist sicher. Ich kann nicht sagen, ob ich damit glücklich wäre oder nicht. Vielleicht würde ich gar nicht wissen, was Glück bedeutet. Ich weiß aber ganz sicher, dass ich nicht glücklicher wäre als jetzt.

Irgendwie ist komischerweise ok, was war. Und es ist ok, wie es jetzt ist.

Endlich Frieden.

Winke Winke

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Ende gut, alles gut!..?

Hmmm kann man so ja allgemein schlecht sagen bei der Krebserei. So 100% Garantie auf Gesundheit gibts da dann nicht mehr. Aber jetzt bin ich krebsfrei und fürs erste ist der Käse wirklich gegessen, der Drops gelutscht… nennt es wie ihr wollt.

Tja, ich rede nicht gerne um den heißen Brei. Also raus damit. Dieser Blog, der eigentlich gedacht war, um alle über meine Therapie zu informieren wurde ganz schnell ein großer Teil meiner Therapie. Meine Psychotherapie. Mein digitaler Psychoonkologe. Ich habe oft getippt, seitenlange Artikel, die ich nie veröffentlicht habe. Einfach um zu schreiben. Ich habe hier viel so sehr ins lächerliche gezogen, dass ich selber darüber lachen konnte und ich habe ganz oft meine Wut mit hochrotem Kopf in die Tasten geboxt. Aber jetzt ist meine Therapie vorbei und ich denke, es ist an der Zeit, das vorerst letzte Kapitel des Blogs bzw. den letzten Artikel zu schreiben. Ich werde die Seite nicht löschen. Genau so wenig werde ich hier einfach wortlos nie wieder schreiben. Ich will nicht, dass jemand der mich nicht kennt und die Seite findet denkt, hier hätte es kein Happy End gegeben.

Ich bin ehrlich, dieser Eintrag heute fällt mir schwer. Ich verlasse mein kleines Baby, das ich monatelang gehegt und gepflegt habe. Aber die Challenge ist vorbei. So hieß die Seite hier sehr lange: Glatzimaxi und die Krebschallenge. Ich habs geschafft, ich hab meine Schuldigkeit dem deutschen Gesundheitswesen und den Ärzten gegenüber getan. Ich hab meine eigenen Zellen brutzeln lassen und so ziemlich jedes Medikament, dass mir etwas gebracht hat, in mich reinlaufen lassen.

Es reicht. Ich fühle mich seit der letzten Nachsorge so krebsfrei wie ewig nicht mehr. Ich fühle mich gut! Lange dachte ich, ich könnte das nie wieder sagen. Aber es ist echt so. Dieses Kapitel nimmt immer weniger Raum ein, ich lebe immer „normaler“ und habe ehrlich gesagt auch wahnsinnig viel an Leben nachzuholen. Das heißt jetzt nicht, dass hier nie wieder ein Eintrag kommt. Sicherlich wird es immer wieder Anlass geben, den einen oder anderen Spaßbringer mit euch zu teilen. Ich will euch nur warnen, dass es wahrscheinlich eher unregelmäßig sein wird.

Irgendwie denke ich, dass hab ich jetzt auch verdient. Erst einmal ein bisschen die Sau raus lassen. Ich mach jetzt gaaaaanz viel, erlebe den Sommer der Sommers und sag euch dann irgendwann, was ich so alles schönes gemacht und gesehen, gegessen und vor allem getrunken habe. Während der Chemo habe ich fast jeden Tag geschrieben. Ich hoffe, dass mir jeder meiner Leser die Daumen drückt, dass solche Zeiten, in denen das Krebsthema wieder meinen Alltag bestimmt, nie wieder anbrechen. Ich danke euch für alles, für jede Mail, für jeden Kommentar und für jeden Gedanken an mich. Ihr habt mir alle sehr geholfen. Ich wünsche euch allen nur das aller aller Beste!

Ich zitiere mich mal selber: „Irgendwann wache ich morgens auf und bin einfach nur gesund. Und dafür lohnt es sich zu kämpfen!“ Das habe ich einmal während der Chemo für ein Frauenmagazin geschrieben. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie gut es sich irgendwann anfühlen wird, wenn die Therapie vorbei ist und wie viel Lebensfreude trotz allem oder gerade deshalb noch in mir schlummert. Es hat sich gelohnt. Wie gesagt, diese Seite war große Motivation, eine Schulter zum Anlehnen und eine wahnsinnige Ablenkung. Danke dafür.

Tja, das Wort zum Schluss? Gesundheit ist das wichtigste, was wir haben können. Das habe ich inzwischen wirklich bis ins letzte verstanden. Deshalb sage ich nicht auf Wiedersehen, bis bald, oder machts gut. Ich sage euch nur eins:

Bleibt gesund ❤ 

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so schön verstrahlt

 

Ich danke allen, die heute an mich gedacht haben und ihre Daumen fleißig gedrückt haben 🙂 Es ist alles GUT! Ich habe keine Metastasen. Es ist so wunderbar und schön und erleichternd und einfach nur toll.

Dieser Tag war wirklich ein Sargnagel-Tag…. Jetzt hab ich mindestens 10 graue Haare mehr. Ich geb es ja ungern zu, aber ich bin tatsächlich ergraut letztes Jahr. Damit meine ich jetzt nicht die weißen Ersthaarflusen, die man nach der Chemo bekommt. Ne, die richtigen Haare sind teilweise grau. Toll. Ganz toll. Grau mit 23. Läuft. Meine neue Freundin heißt übrigens Poly Palette und macht mir die Haare schön.

Jedenfalls hätte ich um 9:30 den Termin gehabt für die Spritze. Wir saßen da dann so rum und plötzlich beginnt der uuuuuunglaublich freundliche und gut gelaunte Rezeptionswachhund in der Nuklearmedizin allen, die heute Knochenszintigraphie gehabt hätten, abzusagen. Supi. Ich hab schon überlegt, wie viel Alkohol wohl nötig wäre, die Zeit bis Dienstag zu überbrücken, wenn der Termin dahin verschoben worden wäre. Andere Zählen auf 10 um sich zu beruhigen, ich zähle Weinflaschen. Jedenfalls hatte ich Glück. Die haben 2 Geräte und nur eins war kaputt. Um 10:40 gabs dann die nukleare Superspritze. Ja wirklich, das Zeugs ist nuklear. Radioactive Maxi. Ich sollte jetzt ne Weile von Schwangeren und Kindern fern bleiben. Ehrlich gesagt kann das irgendwie nicht gesund sein, aber was muss, muss. Man macht das ja nicht jeden Tag. Das Leuchten im Dunkeln ist übrigens normal.

Dann muss man 3 Stunden warten, damit das einwirkt und in der ersten Stunde mindestens 1L Wasser trinken. Klingt leichter, als es ist. Kampftrinken. Wenns einem eh schon übel ist vor Nervosität und dann noch ordentlich Wasser draufkippen…. keine gute Idee. Aber dann hat man wenigstens was zu tun: Pipi machen. Irgendwann kommt es unten raus wie es oben rein läuft. Zumindest kam es mir so vor.

3 Stunden können elendig lang sein…. eeeeelendig lang. Die Wartezeiten waren wegen den technischen Problemen heute da echt nicht ohne. Da werden aus 3 Stunden schnell 4 oder 5. Aber so ist das halt eben. Man kriegt schon Sitzfleisch als Dauerpatient. Das beste ist halt echt, die alten Leute dann zu beobachten 😀 Hahaha. Sorry, aber da kann ich echt nur lachen. Prinzipiell haben die bei Ärzten immer Angst, irgendwie zu kurz zu kommen. „Haben Sie mich vergessen?“ „Heute dauert es aber lange.“ „Ich warte schon 5 Minuten!“ Es gibt nur eins, was noch schlimmer ist: Angehörige von alten Leuten. Die haben nämlich einfach keinen Bock zu warten. Und obwohl Oma Hildegard eigentlich ganz zufrieden in ihrem Rolli aussieht mit dem Bunten Blatt auf dem Schoß, stehen die lieben Verwandten alle 2 Minuten auf der Matte „Meine Mutter kann nicht so lange warten!“ Nur gut, dass die Angestellten ihre Pappenheimer kennen und trotz aller Beschwerden die Reihenfolge immer einhalten. Wer zuerst den Termin hat, kommt zuerst dran (Notfälle natürlich ausgenommen!).  Und nicht der, der zuerst da ist. Man kann ja nicht einfach 2 Stunden früher kommen und dann vor allen anderen dran kommen wollen. Sollte logisch sein. Ab einem gewissen Alter geht diese Einsicht aber offensichtlich verloren. Ich hab echt schon oft von Rentnern gelesen, die in einer Arztpraxis vergessen wurden und man es erst nach 14 Tagen bemerkt hat, als es in einer Ecke im Wartezimmer zu stinken angefangen hat. Steht ja fast täglich mit vielen weiteren gut recherchierten und inhaltlich wertvollen Artikeln in der BILD.

Gerade, als sich die armen verbünden wollten (drängelt ja, im Altersheim gibts schließlich um 17:00 Abendessen und nachher wird das Brot noch kalt)  um das Arztzimmer zu stürmen, kam dann zum Glück der Techniker Peter. Wieso ich weiß, wie der hieß? Tja, wenn ein Tag scheiße ist, dann schon so richtig. Ich lag dann irgendwann eeeeeendlich unter der Gamma-Kamera. Genau als diese schöne Platte 5mm über meinem Kopf schwebte, stürzte das Gerät ab. Also nicht auf mich drauf, aber der Computer sagte „Nein“. Geil. Sargdeckelausblick. „Peter!!! Peter bist du noch da? Ich hab hier auch ein technisches Problem.“ Die Assistentin hat ihn zum Glück noch erwischt. Von meinem Vater weiß ich, dass Peter schon am Aufzug stand. Zum Glück reagiert der langsam… sonst hätte ich wohl ein ähnliches Schicksal gehabt, wie der vergessene Rentner. Ich hätte wahrscheinlich für immer unter der Kamera liegen bleiben müssen…Gefühlte 3 Stunden später war ich dann endlich wieder frei.

Ich machs kurz: alles jut. Die Schmerzen kommen nicht von Metastasen. Nächste Woche wird weiter geplant, was man jetzt macht. Behandeln muss man es ja trotzdem. Aber jetzt ist erst einmal Wochenende. Egal,wie das hier klingt: ich habe eine Horrorwoche hinter mir. Zu viele Untersuchungen, zu viel Stress. Ich brauch jetzt Wochenende…. Nachuntersuchungen sind unvorstellbarer Stress. Aber ich habs geschafft. 3 grüne Haken, 3 weitere Monate krebsfrei 😉 😉 😉 Hoch die Hände! Wochenendeeeee!

https://www.youtube.com/watch?v=_RjwtY-onQ8 hihihihi

Gangsters Paradise

Halli Hallo und Hallöchen. Also erst mal: Juhuuu ich habe KEIN Narbenrezidiv und auch keinen Zweittumor links. Geile Sache. Sonographie und Mammographie waren so dermaßen strebermäßig unauffällig, dass es fast schon peinlich ist. Aaaaaber… ja immer dieses ABER: Morgen kommt der Termin, den ich schon ewig vor mir herschiebe und vor dem ich echt Bammel hab. Schon morgen. Das ging jetzt unerwarteter Weise so fix, dass ich gar keine Zeit habe, mich so richtig rein zu steigern. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich gerade richtig schön meinen Frust abladen konnte.

Irgendeiner kriegt es ja immer ab. Entweder die Krankenkasse, der Telefonanbieter oder mein Lieblinssündenbock: ein bekannter deutscher Paketdienst. Die sind da aber auch echt ein dankbares Opfer!!! Die sind so lieb, die liefern mir immer wieder Zündstoff. Ich muss eigentlich nur ein Paket bestellen oder hoffen, dass es die Nachbarn im Haus tun und schon kann ich mich richtig schön aufregen. Heute wars einfach perfekt: ich musste nicht mal die gefühlten 1780 Minuten in der Warteschleife ausharren, bis ich meinen Dampf abladen kann, sondern konnte das direkt, Angesicht zu Angesicht zur Unterhaltung meiner Nachbarn mitten auf der Straße machen. Ihr müsst euch das aber echt mal geben: es klingelt an meiner Tür, ich drück auf das Surrknöpfchen und mach die Wohnungstür auf. Wir haben keine Gegensprechanlage. Aber keiner kommt die Treppe hoch. Alles was ich höre ist ein Poltern und wie die Türe wieder zu geht. „Hää? Hast du jetzt wieder Chemohaluzinationen oder was läuft verkehrt?“Ich die Treppe runter, liegt da ein Päckchen für die Nachbarn. Der Typ hat mir das tatsächlich wortlos in den Hausflur geworfen???!!!!

Ich spüre wie es ganz langsam und ganz gemein von unten nach oben hochkocht. Mein Gesicht wird rot, die Söckchen stehen mir senkrecht vom Kopf und tiefschwarzer Rauch quillt aus meinen Ohren. Ich pack das Päckchen und ab vor die Tür „So Bürschchen, dass hast du nicht umsonst getan. Heute kommt die Inquisition persönlich vorbei.“ Ihr wollt nicht wissen, was ich alles zu ihm gesagt habe. Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht mehr. In solchen Situationen übernimmt irgend ein dunkles Wesen meinen Körper und ich kann gar nichts dafür, was da aus mir raus sprudelt. Nein wirklich nicht! Richtig in Fahrt war ich dann, als er meinte, er hätte an der Gegensprechanlage gewartet, aber keine Antwort gekriegt. Welche Gegensprechanlage?????? Die große braune wo man Briefe reinwirft oder die mit dem Lichtzeichen drauf wo man die Glühbirne ein- und ausschaltet??? Wir haben keine Gegensprechanlage du cbdh+#wicgwqpfgr3zpq#  Da hat er dann gemerkt, dass er auf verlorenem Posten kämpft, ist in sein Fahrzeug gestiegen und weggefahren. Wahrscheinlich krieg ich nie wieder ein Päckchen. Und wenn doch, ist es wahrscheinlich verseucht mit irgendwas, was ich nicht wissen möchte. Aber das war es wert. Ich fühlte mich wie die Siegerin eines Hip-Hop-Battels. Stolz und hoch erhobenen Hauptes hab ich das Schlachtfeld (zumindest aus meiner Sicht) als Siegerin verlassen.

Vor 5 Minuten war mein Puls noch kurz vor Kammerflimmern. Jetzt fühl ich mich herrlich tiefenentspannt. Scheiß auf Yoga. Frustabladen kann soooo viel einfacher sein 😉 Ich hab das heute gebraucht. Der Termin morgen ist echt nichts für schwache Nerven. Ich muss zum Knochenszintigramm. Das macht ja soooo Spaß…. Mein Rücken und inzwischen auch mein Becken sind echt übel. Wetten werden noch angenommen: Ist es ein Bandscheibenvorfall, ein Wirbelanbruch durch medikamentöse Osteoporose, ein Rücken bei dem kein Wirbel mehr auf dem anderen sitzt oder doch eine Knochenmetastase? Bitte, alles außer der Metastase…. ich versprech auch, dass ich mein Gemüse immer brav aufessen werde! Verdächtig ist halt mein Pipiproblem… Ich weiß, Pipiprobleme sind eklig. Ich kann einfach die Schleuse nicht immer öffnen. Das nennt sich Harnverhalt. Und das ist ein Zeichen dafür, dass irgendwas auf einen Nerv drückt. Irgendein Rad läuft im Dreck, aber solange es nichts krebsiges ist, ist das alles voll ok!

Wie gesagt, Wetten werden noch angenommen. Morgen kann man nur Metastasen ausschließen. Wenn das ohne Befund abläuft, gehts ins MRT. Und falls es doch was schlimmes ist, bestell ich ab morgen jeden Tag irgendwas im Internet, so dass ich viel Potential zum Stressabbau habe. Danke dafür ❤

Film ab!

52983910 Die Türen werden geschlossen, das Licht geht aus, der Vorhang wird zur Seite gefahren. Ich sitze in der letzten Reihe in der Mitte, der beste Platz im ganzen Kino mit ordentlich viel Popcorn auf dem Schoß, so wie es sich halt gehört. Der Film geht los! Und was steht da in großen leuchtenden Buchstaben auf der Leinwand?

Willkommen in Maxis Kopfkino

Tja, mein Kopfkino 😀 Dagegen sind Filme wie „Stirb langsam“ oder „the Ring“ Kinderprogramm. Richtig spannend wird’s schließlich erst, wenns um Rezidive, Metastasen und Co. geht. Die gehen einem schließlich im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut. Es ist immer wieder erstaunlich. In jedem anderen Kino ist vor allem an einem regnerischen Sonntag richtig viel los. In meinem Kino ist immer ein paar Wochen relativ ruhig und je näher eine Untersuchung rückt, umso öfters rattert der Projektor bunte Bilder an die Leinwand.

Kommende Woche hab ich zwei Untersuchungen, Dienstag und Mittwoch und Dienstag werd ich erfahren, was wann noch so gemacht wird. Krebssucherei… widerliche Sache. Erste Szene im Film „Metastasen-panikroom“: Maxi sitzt entspannt da und denkt Es wird ja schon nichts sein. Szene 2: Maxi sitzt nicht mehr ganz so entspannt da ...Aaaaber was wenn doch? Dritte Szene: Maxi steht auf Oh man Maxi, bei dem scheiß ist einfach alles möglich. Szene Nummer 4: Maxi rennt panisch im Raum hin und her, ohne Sinn  😀

Das klingt so, als wär ich ein Kaputtzky.  Aber zu meiner Verteidigung: ich hab eine ganz entscheidende Lektion erhalten letztes Jahr. Du kannst noch so denken, dass da nichts ist und es kann noch so unwahrscheinlich sein – wenn du Pech hast, trifft es dich. Alles ist möglich und dafür braucht man nicht mal soooo viel Imaginationsvermögen.  Das ist nicht nur irgendein Fantasyfilm, was da in meinem Kopfkino läuft. Die Sachen sind leider ziemlich realitätsnah.

Gut ist, dass ich nicht meine ganze Freizeit in meinem Kino verbringe. Wär ja auch viel zu Schade bei dem Wetter gerade. Ich schlepp mich raus, lenk mich ab und stopfe Essen in mich rein. Ja, wirklich. Weil ein gesunder Körper zunehmen kann und ich das, nach dem Gewichtsdebakel in letzter Zeit, jetzt einfach mal auf Teufel komm raus probiere. Das wird Dienstag nämlich wieder eine der ersten und nervigsten Fragen sein „Was macht das Gewicht?“. Naja, solang es Weight-Watching und nicht Whale-Watching ist, beschwer ich mich mal lieber nicht. Ist halt leider auch ein Dauerbrenner im Kopfkino: die ungewollte Gewichtsabnahme und was das Karzinom damit zu tun hat.

Tja, hilft alles nichts. Alles spekulieren, fantasieren und jede Hysterie im Kopfkino hat ein offenes Ende. Ich hasse offene Enden. Aber so lange man den Röntgenblick nicht erfindet, so lange wird sich am Kopfkino auch nichts ändern. Dieses Thema kennen leider alle Krebspatienten und ich finde, wir haben das alle ganz gut im Griff. Das schlimmste haben wir ja eigentlich (zumindest fürs erste) hinter uns. Ich hoff einfach, dass die Zeit bis Dienstag schnell vorbei geht und dass alles, was im Kopfkino passiert Fiktion bleibt und nicht irgendwann auf der Leinwand „nach einer wahren Geschichte“ steht. Für Euch, für mich, für alle ❤

Regenbogen-Aua

Hallöööchen 🙂 Aus aktuellem Anlass gehts heute um Aua. Aua kennt ja jeder. Irgendwann im laufe des Lebens hat wahrscheinlich uns allen schon mal was wehgetan. Mein Lieblingswort dafür, wenn was weh tut, ist wirklich „Aua“. Das klingt doch schon soooo viel weicher und harmloser als „Schmerz“. Schmerzzzz…. ja deutsch ist wirklich eine zarte und melodische Sprache 😀 Das klingt schon nach der Farbe Grau und irgendwie brutal. Dann doch lieber Aua. Das hat mich tatsächlich mal ein Arzt gefragt: „Machts heute Aua?“. Genial 🙂 Ich musste lachen und es machte sofort ein bisschen weniger Aua.

Also. Wo machts heute Aua? Gute Frage. Irgendwann hab ich verlernt, was Schmerz so wirklich ist. Das klingt so doof, aber es ist echt so. Es zwickt und zwackt ja immer irgendwo. Diesen „Grundschmerz“ oder auch „Grundaua“ merkt man irgendwann gar nicht mehr. Irgendwann wurde aus Schmerz eher ein Gefühl als ein Problem. Das ist auch sehr gut so. Schließlich macht Aua keinen Spaß. Irgendwas muss also schon richtig weh tun, dass es durch dieses Auagrundgefühl durchkommt. Ganz schlimm finde ich, wenn ein Arzt fragt, was man für Schmerzen hat. „Ist es eher brennend, pochend, bohrend oder ziehend? Fühlt es sich dumpf an? Ist es ein durchgängiger oder bewegungsabhängiger Schmerz?“ -Ne du. Es ist eher so rosarot mit grünen Punkten und tanzt immer mal wieder seinen Namen…… Ich kann sowas nicht beantworten, weil ich das so genau gar nicht mehr spüre. Das ist als wär zwischen mir und meinem Körper die Berliner Mauer gebaut worden: es kommt schon immer mal wieder was durch, aber das muss es richtig wollen. Aber wenn dann mal was durchkommt, dann halt leider gleich so richtig und da hilft dann irgendwie IBU 600 relativ wenig.

Ganz toll finde ich solche Tips wie „Hechelnd in den Schmerz atmen“. Total umsetzbar, wenn so ein Auaschub im Kaufland an der Kasse kommt. „Nein, ich bekomme gerade kein Kind, auch wenn es vielleicht so klingt.“ Mag ja sein, dass Atemtechniken und Co. gut gegen Schmerzen sind. Bis jetzt hab ich aber keinen Weg gefunden, dass in meinen Alltag einzubauen. Entspannen fällt ja allgemein auch sehr leicht, wenn einem gerade der Stabmixxer im Knochenmark rumrührt oder das Lymphödem perfekt im Takt mit dem Sekundenzeiger in der Sommerhitze pocht. Was stellt man sich so an 😀 Wird wahrscheinlich schon wieder weg gehen. Irgendwie. Irgendwann 😀

Egal. Es gibt wirklich schlimmeres als das bisschen Aua was ich hab. Ich hab echt größten Respekt vor jedem, der ne 8 auf der Skala aushalten kann! Achja, die Schmerzskala 😀 Kennt ihr die? Ich bin zu blöd für die Skala. Prinzipiell addiert die Schwester bei mir immer 2 Punkte dazu. Die trauen mir das auch nicht zu. Da muss man sagen, wie viel Schmerz man auf einer Skala von 0 bis 10 hat (0 alles supi toll und 10 ist Fegefeuer). Hahaha die Smileys dazu sind sooooo witzig 😀 😀 Wenn man mal wirklich so schaut, dann ist die Frage, schaut man so vom Schmerz oder kommt der Schmerz vom Gesichtverziehen? Man kann das auch ganz toll an der Gesichtsfarbe des Patienten ablesen: ist er Blau angelaufen, dann tut ihm sowieso nichts mehr weh 😀 Dem grünen ist halt übel und der rote bewässert seine Verbrennungen 1000. Grades. Logisch. Wobei man lila wird? Der 3. ist traurig, weil er sich mit Brombeeren eingeferkelt hat und der daneben ist noch trauriger, weil er sich noch mehr eingeferkelt hat. abb-1 Also. Wo machts heute aua? Oder welche Farbe habt ihr heute? Hoffentlich gehts euch gut! Bei mir ist alles ok. Neuerdings bin ich ja Ehrenmitglied bei den Aua-Apatchen und ein Indianer kennt bekanntlich keinen Schmerz 😉 Ich bin dann mal den Klappstuhl ausgraben ❤

Krebsgeburtstag

Liebe Maxi vom 02.07.2014,

darf ich mich dir kurz vorstellen? Bestimmt erkennst du mich nicht wieder. Ich bin die Maxi vom 02.07.2015. 

Ich weiß genau, wie du dich heute fühlst. Heute bemerkst du zum ersten Mal, dass etwas wirklich nicht stimmt. Also so gar nicht. Du hattest gerade deine erste Mammographie. Die Radiologin hat sich deine Bilder angeschaut und zur Assistentin gesagt, dass sie unbedingt noch Bilder aus der anderen Perspektive bräuchte. Dabei hast du dir noch gar nichts gedacht. Aber als du zur Besprechung der Aufnahmen zur Ärztin kamst und dieses Bild auf dem Monitor gesehen hast, da wurde dir übel. Ja, was auch immer da wächst, es ist so groß wie deine komplette Brust. Du denkst noch, das könnte nie Krebs sein. Aber ich weiß, dass du das insgeheim weißt.

Heute, ein Jahr später, ist unser Krebsgeburtstag. Für dich fing es mit der Mammographie an, nicht mit der Diagnose. Der 02.07.2014, der Tag der Mammographie, war für dich schlimmer als die Diagnose selbst. Deine kleine heile Welt fing zu bröckeln an und von da an ging es gesundheitstechnisch die nächsten Wochen nur noch abwärts. Der Tag heute wird sehr schwer für dich werden und es werden noch einige schwere Tage kommen. Du wirst mit ansehen müssen, wie die Menschen, die dir am liebsten sind, sehr leiden, weil du krank bist. Das wird uns noch lange wehtun: zu wissen, dass andere leiden, weil wir diesen dummen Tumor bekommen haben. In einer Woche wirst du die Diagnose bekommen. Unsere Mama wird dabei sein und du wirst total froh sein, ihr dass nicht selbst sagen zu müssen. Noch 2 Wochen später wirst du aus dem OP aufwachen und sehr sehr weinen, weil du unendlich erleichtert bist, dass der Tumor weg ist. Dann wird die Chemo anfangen. In der Nacht vorher wirst du genau 2 Stunden schlafen und deshalb furchtbare Kopfschmerzen mit in die Chemoambulanz bringen. Du wirst es durchziehen wie eine Löwin 🙂 Am liebsten wäre ich am 26.12. bei dir. Da würde ich dich gerne in den Arm nehmen, wenn du Nachts ins Krankenhaus kommst als Notfall, am Ende deiner Kräfte und du die eisige Hand des Todes spürst. Es wird dir so kalt sein in dieser Nacht wie noch nie zuvor in deinem Leben und ich hoffe sehr, diese eisige unnatürliche Kälte nie wieder spüren zu müssen.

Es werden aber auch so schöne Dinge geschehen. Du wirst viele Menschen kennen lernen, die du ohne den Krebs nicht getroffen hättest. Menschen, die du nicht wieder her geben willst. Du wirst noch enger mit deinen Lieben zusammen wachsen. Ihr werdet viel lachen und viel zusammen weinen. Du wirst anfangen, diesen Blog zu führen, deine Psychotherapie. Du wirst zu Recover your Smile fahren. 

Jetzt stehst du im Radiologiezentrum. Ich weiß ganz genau, wie sehr du dort auf der Toilette weinen wirst und du wirst zum ersten Mal in deinem Leben spüren, wie es ist, wenn man den Boden unter den Füßen verliert. Ich dachte immer, das sei nur eine Redensart. Aber nein, dieses Gefühl gibt es wirklich. 

Was wird das für ein Jahr für dich werden… du wirst sehr viel über das Leben und den Tod nachdenken. Und du wirst sehr viel älter werden, optisch und auch vom Charakter her. Aber dein Lachen wirst du nicht verlieren, deinen Humor auch nicht. Du kannst dich immer noch an Kleinigkeiten freuen.  Es ist gut, dass du jetzt noch nicht weißt, was alles passieren wird. Unwissenheit ist ein Segen. Ich gönne dir das sehr. Du würdest wohl nicht so gut durch die Sache schlittern, wenn du schon vorher immer alles wüsstest.

Vielleicht erschrickst du jetzt etwas, über das, was ich geschrieben habe. Aber die Tatsache, dass ich schreibe, die ist die Belohnung für diesen Kampf: ich lebe. Du überlebst. Wir schaffen es. Krebsfrei werden haben wir hingekriegt. Krebsfrei bleiben ist da doch irgendwie schwerer. Trotzdem verspreche ich dir, alles zu tun was ich kann, um nächstes Jahr einen Brief von der Maxi vom 02.07.2016 zu bekommen.

Du wirst das Leben zu lieben und zu schätzen lernen. Du wirst merken, auf wen du verzichten kannst und willst. Alles wird intensiver werden. Eines kann ich dir versprechen, Maxi. Du wirst in 365 Tagen Krebstherapie nie einsam sein. 

Am Ende kann ich dir nur eins wünschen: ganz viel Kraft. Das ist das, was wir am meisten brauchen. Du wirst heute übrigens noch unser Motto „Jeder Tag hat nur 24 Stunden“ für dich entdecken. Du hast damit wirklich total recht.

 

Fühl dich fest umarmt. Bis nächstes Jahr ❤ 

Yoga für Einhörner

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Sport ist ja echt wichtig, um gesund zu bleiben. Das meine ich jetzt ausnahmsweise mal nicht ironisch. Nach neuesten Studien bringt Sport so viel wie meine Antihormontherapie und gut für die Psyche und die Optik ist es natürlich auch. Tolle Sache also.

Dass ich neuerdings wie eine bekloppte ins Fitness Studio renne, dürfte einigen ja bekannt sein und jap, sogar im Urlaub waren wir im Fitnessraum (wir haben extra ein Hotel mit gebucht). Mein Gott ich widere mich selbst an wenn ich das lese 😀 😀 Streeeeeber! Keine Angst, ich bin nicht auf dem Mega-Super-Fitness-Trip, dafür trinke ich viel zu viel Alkohol. Und dazu stehe ich auch. Wie sagt man so schön? Wer Sorgen hat, hat auch Liqueur und wer Krebs hatte, der hat eine ganze Schnapsbar.

Jedenfalls ist eins ja total im Trend während und nach Krebstherapie: die To-Do-Liste für den Krebspatienten von heute wird nach wie vor unumstritten von Stricken und Häkeln angeführt. Aber wer wirklich up-to-date sein will und etwas auf sich hält, der macht jetzt Yoga. Yoooogaaaa…. angeblich Quell unendlicher Entspannung und psychischer Heilung. Klingt gut. Nur leider sind die Yogakurse bei mir im Studio immer in aller Herrgottsfrüh. Heute hab ich es tatsächlich geschafft, mich dahin zu schleppen.

Tja 😀 Die Stimmung war schon vor dem Kurs auf ihrem Höhepunkt angelangt, als die Zeit nicht mehr für den Morgenkaffee gereicht hat. „Was schleppst du dich so früh hier her. Du bist doch echt nicht ganz sauber.“ meldete sich die beleidigte innere Stimme. Aber ich hab so ein komisches Motto verinnerlicht, nach einem Vortrag in der Reha. Die chronische Erschöpfung geht nur von Bewegung weg. Gar nicht so leicht, wenn man einen inneren Schweinehund in Größe einer ausgewachsenen Deutschen Dogge mit sich rumschleppt. Deshalb mein neuer Leitspruch „Keine Gnade. Krebs ist keine Ausrede, du Weichei.“

Also was mich schonmal voll gestört hat: alle waren Barfuß. Ich HASSE Füße. Das ist wahrscheinlich etwas abnormal, aber ich finde Füße einfach total widerlich. Und dann gings los…. DAS soll Entspannung sein? Ich hatte Stress!!!! Die Yogalehrerin hetzte uns von einer Stellung in die andere und ich hatte nicht Ansatzweise das Gleichgewicht und die Muskeln das durchzuhalten. „So jetzt gehen wir vom aufschauenden zuerst mit dem rechten Bein über die Zehenrolle in den herabschauenden Hund. Dann in den Blitz und jetzt zur Seite hin öffnen, beide Beine in die Luft und beim Ausatmen freihändig in den Kopfstand. Dabei sind wir ganz bei uns selbst und lassen uns von nichts ablenken“ -willst du mich verarschen? 😀 So oder so ähnlich war das. Ich war schon total überfordert damit, über die tollen Namen der Stellungen nicht zu lachen. Den Rest hat mir dann aber die zwanghafte Atmung gegeben. „Jetzt atmen wir tieeeef ein und dann das und jenes und dies….“ und ich saß nur da und habe still gebetet, sie würde doch eeeeeeeendlich das Kommando zum Ausatmen geben. Was für ein Lungenvolumen hat die Frau, dass sie so wenig atmet????

Also ehrlich gesagt: Yoga und ich werden keine Freunde. Nein nein nein im Leben nicht. Ich finde es toll, wenn das jemand macht und kann. Um mich rum hatte keiner wirklich Probleme damit. Bei denen sah das echt gut aus. Und zwischen drin ich: so gelenkig und grazil wie eine Seekuh 😀

Naja, was solls. Man muss nicht mit jedem Trend mit gehen. Da mach ich lieber Zumba. Ich bin jetzt jedenfalls so entspannt wie 5 Minuten vor dem Matheabi. Hat sich voll gelohnt, so früh aufzustehen 😀

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Sommer, Sonne, Leben

Schaut mal nach draußen, wie schön die Sonne scheint und wie warm es ist. Herrlich, nicht? Dieser wunderbare Sommereinbruch kommt aber nicht daher, dass Petrus gute Laune hat. Nein, ich war im Urlaub und habe euch eine große Portion kanarisches Wetter mitgebracht. Nur den dummen Wind vom Atlantik rüber, den habe ich dort gelassen 😉

12 Tage Fuerteventura. Es war herrlich und es war sehr sehr nötig. Ich hab mir die Insel irgendwie anders vorgestellt 😀 Da landet man (übrigens HASSE ich es, zu fliegen), steigt aus dem Flieger, rechnet mit einem herrlichen Inselparadies und…. befindet sich in einer Landschaft die irgendwo zwischen alttestamentarische Steppe und Gazastreifen einzuordnen ist. Kein Baum auf der ganzen Insel. Nur Wüste. Alles, was dort wächst, ist bewässert. Und da Süßwasser dort arschteuer ist, wächst dort auch sehr sehr wenig. So beschissen das Festland meiner Meinung nach aussieht, umso schöner sind die Strände. Das Wasser ist türkis und der Sand weiß. An solchen Orten sollte man Chemo kriegen. Es wär zwar immer noch Chemo, aber immerhin. Außerdem gibt es dort totaaaal süße Tiere. Wilde Streifenhörchen!!!!! Soooo süß. Und wilde Ziegen 🙂 Das beste war, dass wir wilde Delfine gesehen haben. Das war so toll und ich werde es bestimmt nie vergessen.

Leider hat einen der Alltag verdammt fix wieder. Wir hatten All Inclusive. Das bedeutet 3 mal täglich Buffet. Zwischendurch gabs Kekse und Chips und ordentlich Sangria. Ich hab ungesund und sehr sehr viel gegessen. Daheim auf die Waage gehüpft und tadaaa….. leichte Panik. Jetzt denkt bestimmt jeder, dass ich ordentlich Gewicht angesetzt hätte. Nein, das Gegenteil. Trotz der Fresserei 1 Kilo weniger. Kann ja schon mal sein nach so einer Therapie, dass man nichts ansetzt. Aber trotz Hormontherapie und so abzunehmen macht mich unruhig. Da läuft bei mir nämlich folgender Film ab: Vor einem Jahr ungefähr bekam ich die Diagnose. Eine Woche vor berühmt berüchtigtem Frauenarztbesuch, hab ich meine Mama gefragt, ob ich vielleicht einen Bandwurm haben könnte, weil ich esse esse esse und abnehme. Jetzt passiert das gleiche in grün. Bestimmt ist da gar nichts. Mein Körper läuft eben noch nicht normal, aber ich hab jetzt umso mehr Angst vor der Nachsorge (auch Krebssucherei) genannt am 14. und 15.7.

Die Zeit bis dahin hab ich gut gefüllt mit schönen und tollen Sachen und das ist glaube ich auch ganz wichtig. Am Wohnende besuche ich meine herzallerliebste Krebsschwetser Jules und ihren Herzensbrecher auf 4 Pfoten Bossi. ❤ Ich freu mich total drauf!!!!

Hier noch ein paar Urlaubsbilder 🙂 Machts gut ❤